EVANGELII GAUDIUM - page 119

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Religion müsse sich auf den Privatbereich beschränken und sie existiere
nur, um die Seelen auf den Himmel vorzubereiten. Wir wissen, dass Gott
das Glück seiner Kinder, obwohl sie zur ewigen Fülle berufen sind, auch
auf dieser Erde wünscht, denn er hat alles erschaffen, » damit sie sich
daran freuen können « (
1 Tim
6,17), damit
alle
sich daran freuen können.
Daraus folgt, dass die christliche Umkehr verlangt, » besonders […] all das
zu überprüfen, was das Sozialwesen ausmacht und zur Erlangung des
Allgemeinwohls beiträgt «
.
149
183. Folglich kann niemand von uns verlangen, dass wir die Religion in
das vertrauliche Innenleben der Menschen verbannen, ohne jeglichen
Einfluss auf das soziale und nationale Geschehen, ohne uns um das Wohl
der Institutionen der menschlichen Gemeinschaft zu kümmern, ohne uns
zu den Ereignissen zu äußern, die die Bürger angehen. Wer würde es
wagen, die Botschaft des heiligen Franz von Assisi und der seligen Teresa
von Kalkutta in ein Gotteshaus einzuschließen und zum Schweigen zu
bringen? Sie könnten es nicht hinnehmen. Ein authentischer Glaube – der
niemals bequem und individualistisch ist – schließt immer den tiefen
Wunsch ein, die Welt zu verändern, Werte zu übermitteln, nach unserer
Erdenwanderung etwas Besseres zu hinterlassen. Wir lieben diesen
herrlichen Planeten, auf den Gott uns gesetzt hat, und wir lieben die
Menschheit, die ihn bewohnt, mit all ihren Dramen und ihren Mühen, mit
ihrem Streben und ihren Hoffnungen, mit ihren Werten und ihren
Schwächen. Die Erde ist unser gemeinsames Haus, und wir sind alle
Brüder. Obwohl » die gerechte Ordnung der Gesellschaft und des Staates
[…] zentraler Auftrag der Politik « ist, » kann und darf [die Kirche] im
Ringen um Gerechtigkeit […] nicht abseits bleiben «
.
150
149
J
OHANNES
P
AUL
II.,
Nachsynodales Apostolisches Schreiben
Ecclesia in America
(22. Januar
1999), 27:
AAS
91 (1999), 762.
Alle Christen, auch
die Hirten, sind berufen, sich um den Aufbau einer besseren Welt zu
kümmern. Darum geht es, denn die Soziallehre der Kirche ist in erster
150
B
ENEDIKT
XVI., Enzyklika
Deus caritas est
(25. Dezember 2005), 28:
AAS
98 (2006), 239-240.
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