EVANGELII GAUDIUM - page 130

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200. Da dieses Schreiben an die Mitglieder der Katholischen Kirche
gerichtet ist, möchte ich die schmerzliche Feststellung machen, dass die
schlimmste Diskriminierung, unter der die Armen leiden, der Mangel an
geistlicher Zuwendung ist. Die riesige Mehrheit der Armen ist besonders
offen für den Glauben; sie brauchen Gott, und wir dürfen es nicht
unterlassen, ihnen seine Freundschaft, seinen Segen, sein Wort, die Feier
der Sakramente anzubieten und ihnen einen Weg des Wachstums und der
Reifung im Glauben aufzuzeigen. Die bevorzugte Option für die Armen
muss sich hauptsächlich in einer außerordentlichen und vorrangigen
religiösen Zuwendung zeigen.
201. Niemand dürfte sagen, dass er sich von den Armen fern hält, weil
seine Lebensentscheidungen es mit sich bringen, anderen Aufgaben mehr
Achtung zu schenken. Das ist eine in akademischen, unternehmerischen
oder beruflichen und sogar kirchlichen Kreisen häufige Entschuldigung.
Obwohl man im Allgemeinen sagen kann, dass die Berufung und die
besondere Sendung der gläubigen Laien die Umwandlung der
verschiedenen weltlichen Bereiche ist, damit alles menschliche Tun vom
Evangelium verwandelt wird,
171
darf sich niemand von der Sorge um die
Armen und um die soziale Gerechtigkeit freigestellt fühlen: » Von allen […]
ist die geistliche Bekehrung, die intensive Gottes- und Nächstenliebe, der
Eifer für Gerechtigkeit und Frieden, der evangeliumsgemäße Sinn für die
Armen und die Armut gefordert. «
172
Ich fürchte, dass auch diese Worte nur
Gegenstand von Kommentaren ohne praktische Auswirkungen sein
werden. Trotzdem vertraue ich auf die Offenheit und die gute
Grundeinstellung der Christen, und ich bitte euch, gemeinschaftlich neue
Wege zu suchen, um diesen erneuten Vorschlag anzunehmen.
171
Vgl.
Propositio
45.
172
K
ONGREGATION FÜR DIE
G
LAUBENSLEHRE
, Instruktion
Libertatis nuntius
(6. August 1984), XI, 18:
AAS
76 (1984), 908.
1...,120,121,122,123,124,125,126,127,128,129 131,132,133,134,135,136,137,138,139,140,...185
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